„Nichts bleibt, alles ist Bewegung“, sagte Merce Cunningham über das Tanzen. Was bleibt noch wenn der Tanz kopflos wird, hinterfragt Choreographin & Kulturpreisträgerin Monica Opsahl im Tanzprojekt LOST HEADS.
Schreiten, fliehen, drehen… Ein Schritt - im nächsten Moment ein Fall, anmutige Ballettbewegungen werden Alltagstrott. Nicht überraschende Bewegungs-abfolgen – wie ein Computerbefehl. Choreographin Opsahl flirtet mit Cunninghams Methoden. Es geht um eingefahrene Denk- und Bewegungs-muster, die perspektivisch durch unkontrollierbare Einflüsse erweitert oder begrenzt werden. Die Art und Weise, wie man den Tanz sieht, erarbeitet und aufnimmt, soll durch-brochen werden. Es ist ein Experiment: Building All-based Human Systems, nennt die Choreographin es. Tanz featuring künstliche Intelligenz. Cunningham gab es vor, er entwickelt Computerprogramme, die für ihn choreographierten. Er benutzte Zufalls-methoden und würfelte ganze Choreo-graphien.
In LOST HEADS blendet Opsahl auf verschiedene Weise den Kopf aus. Bei sich als Choreographin als auch bei den Tänzerinnen.
"Ich versuche in diesem Experiment etwas zu sehen, wofür meine Augen nicht scharf genug sind. Ein künstliches Intelligenzsystem entsteht nicht auf magische Art und Weise. Es sind ganze Sets von Verfahren, Vorlagen und Blaupausen. In der Choreographie mangelt es an dieser Erfahrung. Wir sind gewohnt mit abstrakten Gedankenspielen zu arbeiten, das hier ist so etwas wie eine Bestandsaufnahme. Es sind gleichzeitig Neugier und Angst, die mich nicht in Ruhe lassen. Für mich ist Tanzen so wichtig wie das Atmen. Die Tanzsprache ist stärker als alles andere. Ich muss herausfinden, ob Systeme wirklich choreographieren können und ob kopflos getanzt werden kann.
Drei Kunstarten teilen sich heute Abend zur selben Zeit den Bühnenraum: TANZ, MUSIK, LICHT!
Sie sind nicht aufeinander abgestimmt oder miteinander verbunden, sie haben sich erst in der Generalprobe getroffen. Völlig ahnungslos prallen sie aufeinander. Mal finden sie zusammen und andere Male bilden sie Kontraste. Es sind die Zufälle, die bestimmen. So arbeitete Merce Cunningham. Er ließ Würfel oder Münzen im choreographischen Prozess entscheiden. Er wollte frei sein. Neue Möglichkeiten zulassen. Ihn interessierten einzig und allein die Möglichkeiten der Bewegungen im Tanz, nicht der Blickwinkel des Choreographen. Part One zeigt das Resultat des Experiments: Ein Flirt mit Merce Cunningham.
Einerseits Tänzerinnen ohne Köpfe, ohne Identität. Wer tanzt? Haben wir die Kontrolle über uns selbst und die Entwicklung verloren? Kopflos zu sein, bedeutet auch keine Verantwortung tragen zu müssen. Anonymität. Teil des Systems. Andererseits die Seele sechs junger Tänzerinnen. Laut schreiend. Ausdrucksvoll. Und eine Choreographin, die gerne die Realität hinterfragt.
KI-VS-KI wir lassen die zwei ARTEN INTELLIGENZ aufeinanderprallen oder wir machen ein ‘Battle’ daraus, wie es auf der Tanzfläche heißt. Ist die Zukunft wirklich so verantwortungslos? Wir haben noch was zu sagen.